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Wo Wunder nur drei Tage brauchen

In nur 72 Stunden entstand im Fränkisch-Crumbacher Park eine Boule-Bahn

In bester Parklage, umgeben von Bäumen, blühenden Holunderbüschen und grünem Rasen, liegt die neue Boulebahn von Fränkisch-Crumbach. Sie ist proper, solide und hat Wettkampfmaße (12,50 x 3,00 m). Für Zuschauer gibt es eine stabile Eichenholzbank. Eingeweiht wurde die Bahn am Sonntagabend. Am Donnerstag indes war von der gesamten Anlage noch kein Fitzelchen zu sehen.

Geschaffen hat das Wunder die Katholische Junge Gemeinde von Fränkisch-Crumbach, worunter rund zehn Jugendliche zwischen neun und sechzehn Jahren zu verstehen sind. Sechs von ihnen, Alexander, Benedikt, die Zwillinge Jil und Josi, Johanna und Charlotte waren während dieser drei Tage nahezu im Dauereinsatz. Denn zusammen mit ihrer Betreuerin Heike Breid und deren Ehemann Andreas haben sie sich – ebenso wie rund 4 000 andere Aktionsgruppen deutschlandweit – an der 72-Stunden Aktion der katholischen Kirche beteiligt. Hierbei sollen Jugendliche in nur drei Tagen eine gemeinnützige Aufgabe erledigen.

Was dabei auf sie zukommen wird, haben die Jugendlichen erst am Donnerstagabend Punkt 17.07 Uhr erfahren. Da fand in Reinheim die große Kick-Off-Veranstaltung für die Dekanate Dieburg und Erbach statt, und Zettel mit den Aufgaben für die jeweiligen Gruppierungen flatterten symbolträchtig quasi vom Himmel. Ein bisschen erschrocken waren die Crumbacher dann schon über das Ausmaß ihrer Verpflichtung. Im Wortlaut hieß es da: „Boule-Anlage im Gemeindepark bauen, eine Sitzgelegenheit vorsehen und eine Boule-Meisterschaft zur Einweihung bewerben, organisieren und durchführen“. Im Grunde jedoch entsprach das ihren Wünschen. Denn sie wollten gern etwas Bleibendes zu schaffen, etwas, das Menschen jedes Alters nutzen können, und etwas, das frei zugänglich sein soll.

Nicht ganz so ahnungslos im Vorfeld waren die Verantwortlichen von Kirche und Gemeinde, denn ein bisschen vorbereitet werden muss so eine Aktion denn doch. Wie Bürgermeister Eric Engels berichtete, hatte der Gemeindevorstand am Dienstagabend der Errichtung einer solchen Anlage im Park zugestimmt, und der Koordinierungskreis des Dekanats hatte bereits einen „Paten“ ausgesucht, der die Aktion fachlich begleiten sollte. Der Fränkisch-Crumbacher Bauingenieur Manfred Bender war denn auch bereit, diesen ehrenamtlichen Auftrag zu übernehmen. Und ebenfalls im Vorfeld hatten die Jugendlichen schon mal auf Verdacht beim gemeindeeigenen Bauhof angefragt, ob von dort gegebenenfalls Hilfe in Form von Know-how und Geräten zu erwarten sei. Beim Transport von Material halfen Mitarbeiter des Bauhofs später bereitwillig mit und investierten dafür ihre Freizeit.

Als dann klar war, welche Aufgabe sie zu bewältigen hätten, machten die jungen Leute eine Eröffnungsbilanz auf. Sich selbst, ihre Unerschrockenheit, ihren Glauben und ihre Bereitschaft, zuzupacken, konnten sie als wesentliches Potenzial einbringen. Überlegt werden musste indes auch: Welche Materialien brauchen wir? Wo kriegen wir sie her? Und wer kann helfen? Und sie machten sich daran, rumzufragen, zu bitten, und auch ein bisschen zu betteln.

Erfolgreich, wie sich zeigte, wobei es sich als Glücksfall erwies, dass der Onkel von Jil und Josi, Jürgen Löbel, ein Transportunternehmen für Baumaterialien in Reichelsheim führt und sich als sehr spendabel erwies. Auch andere Betriebe in Fränkisch-Crumbach und Reichelsheim halfen aus. So war Gartenmöbelbauer Pfeifer bereit, das Rohmaterial für die Ruhebank zu spendieren. Das Bockenroder Autohaus Lohbrunner stellte einen Transport-Anhänger zur Verfügung und die Firmen Muntermann und Lange weiteres Baumaterial. Insgesamt kamen so Materialspenden im Gesamtwert von rund 900 Euro zusammen, schätzt Fachmann Bender.

Damit die Öffentlichkeit auf die Arbeit der Gruppe – die ja im Begriff war, unentgeltlich etwas für die Allgemeinheit zu tun - aufmerksam wird, bestand ein Teil der Aufgabe auch darin, in Lebensmittelgeschäften nachzufragen, ob sie etwas zur Verpflegung der Helfer beitragen wollen. Hier ließen sich die Crumbacher und Reichelsheimer ebenfalls nicht lumpen, wie etwa die Bäckerei Horn und die Odenwälder Fleischwaren GmbH, und auch einige Crumbacher Bürger brachten ab und zu etwas Leckeres vorbei.

Und das haben die Jugendlichen, wenn auch mit Hilfe von außen, in den drei Tagen geschafft: Eine Grube für die Bahn ausgehoben, sie mit Schotter, Splitt und Brechsand verfüllt und dann das Ganze verdichtet. Sie haben Randsteine eingesetzt, die Bankteile zusammengebaut, angestrichen und das fertige Stück ebenfalls einbetoniert. Sie haben einen Papierkorb organisiert und die Boule-Regeln auf einem Plakat festgehalten. Auf Handzetteln, die sie im Dorf verteilt haben (gespendet vom Rodensteiner Druck-Studio), luden sie zur großen Einweihungsfeier für Sonntag 17.07 Uhr ein.

Zahlreiche Freunde der Aktion und des Boulespiels kamen, waren allesamt beeindruckt und des Lobes voll. Bürgermeister Engels durfte die erste Kugel werfen, und bald darauf war munteres Boulen angesagt. Sogar der katholische Pfarrer Hans Peter Loos spielte mit und natürlich auch die Helden der Aktion, die jungen Katholiken von Fränkisch-Crumbach.

Die 72-Stunden Aktion

Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) führt alle vier Jahre eine so genannte 72-Stunden-Aktion durch. Unter dem Motto “Uns schickt der Himmel“ erfüllen Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene dann innerhalb von nur 72 Stunden eine gemeinnützige soziale, ökologische, interkulturelle oder politische Aufgabe, und wollen damit ein Zeichen setzen für Solidarität. In diesem Jahr haben sich 4.000 Aktionsgruppen oder rund 175.000 Menschen in allen16 Bundesländern beteiligt. Begleitet wurde die Aktion im Internet, über Facebook und – in Hessen – durch den HR 3. Überall wurde permanent über die einzelnen Aktionen berichtet und auch Hilferufe bekannt gemacht, wie, beispielsweise: „Wir brauchen dringend noch drei Meter Dachpappe“.

In den Dekanaten Dieburg und Erbach waren insgesamt elf Gruppen am Start, vier davon im Odenwaldkreis. In Michelstadt wurde für Sonntag ein „Kirchencafé“ organisiert, ein kirchliches Projekt im rumänischen Caransebes vorgestellt und Muffins für die Flutopfer gebacken. Die Erbacher Gruppierung schuf einen „Naturraum“ an der Einhardsbasilika, restaurierte den Weidentunnel und baute eine Feuerstelle mit Sitzgelegenheit. Die Kindergruppe in Reichelsheim schuf ein „Klassenzimmer im Grünen“, mit halbrunden, in den Hang eingearbeiteten Sitzreihen, einem gepflasterten Mittelpunkt mit verschließbarer Feuerstelle.

Punkt 17.07 Uhr am Sonntag mussten alle Arbeiten beendet sein. Mitglieder des Koordinierungskreises der Dekanate besichtigten die entstandenen Werke, und übergaben Urkunden sowie ein kleines Geschenk.

 

Text und Bild: Kirsten Sundermann